Auch andere „neuere“ Methoden oder Modelle entdecken diesen Schatz alter chinesischer (bzw. asiatischer) Weisheit, auch wenn sie ihn mit anderen Etiketten versehen. So sind die körperorientierten Sichtweisen der Osteopathie, des Rolfing, des Feldenkrais, der Spiraldynamik usw. unterschiedlich aber in vielen Punkten ähnlich, nur dass sie andere Namen benutzen und Schwerpunkte betonen. Selbst die relativ junge, u.a. aus der Reform- und Körperbewegung mit Elsa Gindler, später Wilhelm Reich und noch später der Psychosomatik entstandene Körper-Psychotherapie in all ihren Schattierungen benutzt – scheinbar neu entdeckt – viele der im TCC bereits enthaltenen Erkenntnisse – und Methoden!

Mehr zu den Körperpsychotherapieformen HIER.

Meiner Erfahrung nach finden sich viele der diesen Methoden zugrundeliegenden Ansichten und Erkenntnisse zu großen Teilen irgendwo im sehr komplexen System des Tai Chi Chuan wieder. Schließlich haben wir eben nur diesen einen menschlichen Körper mit seinen Besonderheiten, Funktionsweisen, Anatomien, Verbindungen, seinem Geist usw. Interessanterweise sind auch viele der VertreterInnen der oben genannten Schulen und Methoden im Laufe ihres Lebens mit einer oder mehreren traditionellen östlichen Künsten in Verbindung gekommen und haben von dort Impulse bekommen. So war bspw. Feldenkrais stark durch das Judo beeinflusst, Dürckheim vom japanischen Zen usw.

Natürlich entdeckt jede neue Kunst hin und wieder auch wirklich Neues und vielleicht sogar auch mal Revolutionäres, keine Frage! Außerdem bringt die Beschäftigung mit anderen Sichtweisen häufig neue Einsichten in die eigene Kunst und kann das Verständnis für diese plötzlich und unerwartet vertiefen. Deshalb ist es m.E. wichtig, differenzieren zu können, ob man „alten Wein in neuen Schläuchen“ trinkt oder ob neue Besen gut kehren.

Oft werde ich gefragt: Ist Tai Chi wie Yoga?

Nun bin ich kein Yoga-Experte und kann das daher nicht 100%ig beantworten. Von dem, was ich über Yoga weiß (Yoganer bitte belehrt mich!), gibt es einige Gemeinsamkeiten, wie etwa dass es sich bei beiden um komplette Systeme handelt, die körperliche, geistig-seelische und spirituelle Veränderungen anbieten, die beide auf Achtsamkeit sich selbst gegenüber beruhen und deren Arbeit vorrangig eine körperliche ist, wodurch mentale Veränderungen herbeigeführt werden können. Daneben gibt es aber natürlich auch einige Unterschiede, die nicht absolut sein müssen, wohl aber relativ sind:

  •  Tai Chi wird hauptsächlich im Stand bzw. in der aufrechten Haltung ausgeübt. Der Alltagstransfer ist damit für alle stehenden und laufenden Tätigkeiten leicht möglich
  • Tai Chi ist eine Kampfkunst, d.h. auch:
  • Tai Chi enthält auch Partnerübungen mit Kontakt, denn
  • im Tai Chi geht es u.a. auch um Kontakt mit Anderen, um Berühren und Be-Greifen
  • die Bewegungen des Tai Chi enthalten immer auch eine (Anwendungs-) Bedeutung, die über eine reine Gesundheits- oder Achtsamkeitsübung hinausgehen
  • Tai Chi als taoistische Übung beruht auf dem Grundgedanken des „Geschehen Lassens“. In der Anwendung bedeutet dies:
  • Tai Chi betont in den Übungen das Loslassen, damit überflüssige Muskelspannung reduziert und stellvertretend dafür die Sehnenkraft entwickelt wird.

In den einzelnen Übungen gibt es daneben noch eine Reihe weiterer Unterschiede, wie etwa in der Atemarbeit, jedoch sind die oben genannten wohl die wesentlichen.

Tai Chi VS…

Im Folgenden eine Auflistung verschiedener Systeme, Sichtweisen oder Methoden sowie die Unterschiede zum bzw. Gemeinsamkeiten mit dem Tai Chi Chuan (Infos zum jeweiligen Ansatz und die Unterschiede zu bzw. Gemeinsamkeiten mit dem TCC folgen noch – bitte später nochmal reinschauen!)

Ich unterscheide zwischen

  •  Übungs- und Bewegungssystemen (bspw. Yoga, Qi Gong, Za-Zen, Feldenkrais, Alexander-Technik usw)
  • Manuellen Therapien / Techniken (bspw. Rolfing, Osteopathie, Craniosakrale Therapie, Massage, Sensomotorische Körpertherapie nach Pohl(R) usw.)
  • Psychotherapeutischen Ansätzen (inkl. Körperpsychotherapien und therapeutischen Techniken)
  • Kampfkünsten und Kampfsportarten (bspw. Karate, Kung Fu, Boxen, Aikido, Judo usw.)
  • Gesundheitssport / -übungen (Rückenschule, Kieser-Training, Gymnastik, Aerobic, Fitness usw.)
  • Sichtweisen / Theorien (Biotensegrity, Anatomy Trains usw.)
  • Gesundheits- oder Heilsystemen (Ayurveda, Traditionell chinesische Medizin TCM, Homöopathie, Naturheilkunde usw.)

Diese Einteilung ist künstlich und es gibt natürlich Überschneidungen (Eine Kampfkunst kann bspw. auch ein komplettes Übungssystem sein). Auch kann die Liste natürlich nicht vollständig sein. Ich kenne auch nicht alles, was auf dem Markt angeboten wird. Jede Methode hat ihre Besonderheiten.

Im TCC ist vieles von all diesen Methoden enthalten (teilweise mit frappierender Ähnlichkeit). Es ist sowohl ein Bewegungssystem, als auch eine Kampfkunst, ein Heilsystem und eine Philosophie mit einer speziellen Sichtweise auf die Zusammenhänge des Körpers und Geistes. Man lernt im Laufe des Trainings zu berühren und damit auf fortgeschrittenem Level auch manuell zu „therapieren“, wobei man dies in Deutschland nur mit Heilkundegenehmigung (also als Arzt oder Hailpraktiker) ausüben darf. Die fortwährende Überwindung des Egos und die Beschäftigung mit der Philosophie hat mitunter psychotherapeutischen Effekt (wenngleich es eine Psychotherapie nicht ersetzt, s.o.!).

Irgendwann in nächster Zeit werde ich die Unterschiede zwischen den o.g. Methoden, Systemen und Theorien im Einzelnen herausarbeiten und erläutern. Schaut also gerne später nochmal rein!