Aus der Reform- und Körperbewegung um Elsa Gindler und andere Frauen herum entstanden Anfang des 20. Jahrhunderts die ersten Formen therapeutischer Bewegungsarbeit. Einige Jahrzehnte später kam der Psychoanalytiker Wilhelm Reich auf die Idee, den Körper und seine Ausdrucksformen viel stärker in die Diagnostik und Psychotherapie mit einzubeziehen, was schließlich einige Jahre später zum Bruch mit den psychoanalytischen Kollegen führen sollte – ein Schicksal, das auch andere Körperpsychotherapeuten (bspw. der Autor zahlreicher Bücher Tilmann Moser) später mit Reich teilen sollten.

Der Gedanke, dass das Erleben des Menschen nicht nur geistig, sondern auch (und vor allem) körperlich sei, kam zwar bereits Sigmund Freud. Dennoch sollte es noch etliche Jahre dauern, bis die in unserem Kulturkreis seit Descartes vorherrschende Körper-Geist-Spaltung mehr in Frage gestellt und die Integration von Körper (Leib) und Geist (Seele) wieder vermehrt in den Fokus der Betrachtung rückte.
Ein Zweig davon ist die Psychosomatik, die heutzutage auch in der Medizin als einigermaßen salonfähig gilt, wenngleich sie nicht unumstritten ist. Ein anderer Zweig, an vielen Stellen damit verbunden, sind die sogenannten Körperpsychotherapien (KöPT), die den Zugang zum Erleben und dem seelischen Wachstum des Menschen verstärkt über die Körperarbeit suchen.

Die (mir) bekanntesten sind

  • Bioenergetik (Lowen)
  • analytische Körperpsychotherapie (Geißler)
  • Biodynamik (Boyesen)
  • Initiatische Therapie (Dürckheim)
  • Funktionelle Entspannung FE (Fuchs)
  • Konzentrative Bewegungstherapie KBT (Stolze)
  • Hakomi (Kurtz)
  • Core-Energetics (Pierrakos)
  • Therapeutisches Bogenschießen

Diese Liste hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Andere Methoden oder Therapieformen, die ich hier nicht erwähnt habe, sind nicht etwa zweitrangig, sondern mir vielleicht nur nicht so bekannt. Der „Markt“ ist inzwischen sehr unübersichtlich geworden und ich bitte um Verzeihung, wenn ich eine Schule oder eine Richtung hier nicht aufgezählt haben sollte.

Es würde den Rahmen dieser ohnehin bereits großzügig angelegten Website sprengen, auf die einzelnen Methoden im Detail einzugehen. Bei Interesse sollte man googeln oder sich mit mir nach dem Training bei einem Glas Wein darüber unterhalten!

Auch für die KöPT gilt das in der Seite über Psychotherapien Gesagte: Tai Chi ersetzt keine Psychotherapie! Bitte lesen Sie sich mein Statement dazu auf der vorigen Seite durch!

TCC vs. KöPT


Bei meiner Beschäftigung der letzten Jahre mit den verschiedenen KöPT habe ich viele Erkenntnisse gewonnen, die meine Arbeit mit TCC bereichert haben. Wie immer ist es hilfreich, einen Blick über den Tellerrand zu machen, um den eigenen Teller besser sehen (und wertschätzen) zu können.

Dennoch habe ich auch eine andere Erkenntnis daraus extrahiert: Das Rad wird nicht immer wieder neu erfunden! Das heißt: Die meisten Methoden, Techniken, Erkenntnisse der KöPT sind in gleicher oder ähnlicher Form bereits in der sehr komplexen Welt des TCC enthalten, und zwar teilweise auf verblüffende Art und Weise. So dass ich manchmal denke, da wird „alter Wein in neuen Schläuchen“ verkauft, manchmal aber auch froh bin über die „Übersetzungen“ der alten chinesischen Weisheiten in eine moderne westliche Welt.

Wir sollten nicht vergessen, dass die Psychotherapien, Körperpsychotherapien und auch die westliche Medizin einen viel kürzeren historischen Background haben als die z.T. auf mehreren tausend Jahren Erfahrung basierenden Techniken des „Ostens“. Die Methode dort war in erster Linie, ähnlich der Psychoanalyse, die der Selbstbeobachtung. Im Laufe der vielen Jahrhunderte sind erstaunliche und der westlichen medizinischen und psychologischen Wissenschaft und all ihrer Unterarten noch verborgene und unerklärliche körperliche (und seelische) Phänomene und Vorgänge zugänglich gemacht worden.

Es ist also nicht verwunderlich, dass die KöPT nun ähnliche Erkenntnisse machen wie diese alten Systeme. Und vielleicht hier und da auch neue, warum nicht? Ob das alles dann stets so neu und originell ist, dass es einen neuen Namen braucht und damit in „Konkurrenz“ mit diesen Systemen treten muss, oder ob dies nicht eher eine westlich übliche Marketingstrategie ist, die dem Ego dient, bleibt jedem Einzelnen offen.

Auch hier, wie im Tai Chi selbst, geht es nicht um „besser oder schlechter“, wer weiß Bescheid und wer nicht, Mystik / Hokuspokus vs. Wissenschaft o.ä. Vielmehr besteht die Möglichkeit, sich ohne Arroganz (= zwanghafte Spaltung der Welt in richtig und falsch, wobei ICH immer richtig liege) dem Wesen und den Inhalten der anderen Sichtweise anzunähern und zu versuchen, diese zu verstehen.

Letztlich können wir alle voneinander lernen und versuchen, die Perspektive des Anderen zu übernehmen. Schaden tut es gewiss nicht.

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